Lebensunternehmertum und Work-Life-Balance

Gegensätze oder zwei Begriffe für dieselbe Lebenseinstellung?
Dienst ist Dienst, Schnaps ist Schnaps. Von dieser Einstellung aus Zeiten der Industrialisierung haben sich die meisten von uns längst verabschiedet. Arbeit und Privatleben können und wollen wir nicht trennen. Viel mehr zählt die Vernetzung im Denken und Handeln. Wir wollen Synergien nutzen und nicht in schizophrenen Welten leben, in der die eine durch Geld verdienen charakterisiert ist und die andere die Welt ist, in der ich mich als ich fühle. Statt dessen ist die Arbeit ein sinnstiftender Teil meines Lebens(unternehmens). Ich bin dann, auch beruflich, am erfolgreichsten, wenn ich Ziele verfolge, die meinen Motiven entsprechen. Dadurch begegne ich Herausforderungen mit Begeisterung und übernehme die Verantwortung für die Erreichung meiner Ziele.

Was bedeutet dann eigentlich work-life-balance? Ist das die moderne Form von Dienst ist Dienst und Schaps ist Schnaps? Work and Life: Arbeit und Leben – Gegengewichte in zwei Waagschalen, die aufeinander abgestimmt werden müssen? Philosophisch überspitzt formuliert bedeutet work-life-balance: Leben, das ist das Wahre, Intensive, durch Selbstverwirklichung gekennzeichnete Element unseres Daseins. Arbeit hingegen ist Tod, weil Leben ja Leben ist. Weil ich aber die Arbeit benötige, um zu leben, müssen diese beiden, fast unvereinbaren Elemente in eine Balance gebracht werden, die für mich Leben ermöglichen.

Oder ist im Wort Work-Life-Balance mit Life nicht eher ‚Privatleben’ gemeint, also work-privatelife-balance? In diesem Sinne sind Arbeit und Privatleben die beiden entscheidenden Faktoren in meinem Leben, die ich natürlich gerne aufeinander abstimme. Dabei möchte ich, dass das Privatleben von der Arbeit profitiert und umgekehrt. Diese Synergien zeigen sich tagtäglich: Im Biergarten erzähle ich neuen Bekannten von meiner beruflichen Identität, mit dem Kunden spreche ich darüber, dass wir gemeinsame Freizeitinteressen verfolgen, also z.B. beide begeisterte Wanderer sind.

Im Gespräch mit Freunden erklärte ich mein Verständnis einer Work-Life-Balance. Ich bin überzeugt: Erfolgreiche Menschen sind keine Workaholics, sondern ausgeglichene Menschen, die ihr gesamtes Leben als Lebensunternehmer positiv gestalten. Und dazu gehören alle Bereiche des Lebens: Arbeit, Privatleben, Hobbys, Freunde, soziales Engagement. Dazu gehört auch, eigenverantwortlich zu entscheiden und zu handeln. Zu wissen, was für mich Erfolg bedeutet, was mich glücklich und zufrieden macht. Möchte ich „der Beste“ auf einem Gebiet sein? Was bedeutet es für mich, „Spitze“ zu sein? Und mit welchen Werten und Motiven möchte ich diese, in meinem Sinne, Spitzenleistungen erreichen?

Lebensunternehmen bedeutet, den eigenen Ansprüchen gerecht zu werden. Dafür weiß ich, wohin ich will, was mich motiviert, wie ich meine Stärken einsetze und wo ich noch Kompetenzen aufbaue. Ich arbeite aktiv an der Erreichung meiner beruflichen wie privaten Ziele. Erfolgreiche Menschen gehen in ihren Aufgaben auf und beschäftigen sich mit all den Parallelprozessen ihres Lebens gerne und mit Begeisterung: Arbeit, Familie, Freunde, Hobbys (warum soll die Arbeit kein Hobby sein?), Sport, Urlaub. So wie ein Unternehmen mehrere Geschäftsbereiche braucht, gibt es auch in unserem Lebensunternehmen Geschäftsbereiche.

Keine Firma kann sich Geschäftsbereiche leisten, die in Widerspruch zueinander stehen und sich gegenseitig ausschließen. Geschäftsbereiche ergänzen sich und bilden Synergien. Die Arbeit des einen Geschäftsbereiches wird für den anderen nutzbar. So ist es auch beim Lebensunternehmer: Seine Interessensgebiete und seine selbst erteilten Aufgaben fördern und ergänzen sich: Hobbys trainieren Kopf und Körper, die Urlaubsreise erweitert den persönlichen Horizont und hilft, geschäftliche Sachverhalte besser zu verstehen, die Kommunikation zur Kundengewinnung verbessert die Kommunikationsqualität im Freundeskreis, im Job erlernte Ausdauer und Teamfähigkeit bereichern die Freizeit, etc.

Was sind selbst erteilte Aufgaben? Alle! Auch wenn mein Chef mir eine Arbeit überträgt, kann er das ja nur tun, weil ich ihn innerhalb meines Lebensunternehmens an diese Position gestellt habe. So ist selbst der lästigste Teil der Tagesarbeit eine Aufgabe eines meiner Geschäftsbereiche - wie für den freischaffenden Künstler auch die Buchführung zum Leben gehört. Wenn ich das so nicht akzeptieren kann, muss ich neu über Visionen und Ziele meines Lebensunternehmens nachdenken und seine Geschäftsbereiche neu strukturieren.

(Institut für Persönliche Positionierung; Juni 2003)


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